Zentralmatura


Ich habe heute meine Mathe-Matura (oder, mein Abitur, wie es in Deutschland heißt) geschrieben. Das heißt, geschrieben ist gut. Eher gepfuscht. Sehr zu meinem Leidwesen wahrscheinlich sogar verpfuscht. Ungeachtet der Tatsache, dass ich die letzten Wochen täglich Stunden über Mathebüchern und offiziellen Übungsaufgaben des Bildungsministeriums verbracht habe und seit Anfang des Schuljahres jede Woche zur Nachhilfe gehe, waren meine mathematischen Fähigkeiten heute eher minder gut.

Ja, schon klar, Mathe ist mir schon immer schwer gefallen. Aber bevor die Klausuren und die Matura zentralisiert wurden (wir haben seit 2014/15 eine Zentralmatura in Österreich), konnte ich mich mit VIEL Lernen immerhin ganz gut durchschlagen. Jetzt...naja. Dabei bin ich bei weitem nicht die Einzige, die die Matura heute schwer gefunden hat. Es scheint, als könnte man nur bestehen, oder eben gut sein, wenn man die Materie voll und ganz versteht. Um die 1000 gemachten Übungsaufgaben bringen einem dann auch herzlich wenig. 

Das ist auch in den Sprachen der Fall - Leute, die kein, sage ich, Gefühl für beispielsweise Englisch haben, müssen sich bei den Englisch-Klausuren unglaublich plagen. Denn wieder einmal gilt: Lernen hilft nicht unbedingt was. 

Ja, man könnte das jetzt alles als verblendete Hasstirade einer enttäuschten Schülerin betrachten. Aber ich finde, es spricht nicht unbedingt für das neue System, wenn bei der Deutsch-Matura sowohl eine Textanalyse und eine Textinterpretation in je einem Themenpaket (wir haben drei Themenpakete mit je zwei Textsorten) vorkommen, und die HTL (Höhere Technische Bundeslehranstalt) nie gelernt hat, wie so etwas zu schreiben ist. Das ist halt dann deren Pech, oder was?
Man muss ja direkt froh sein, dass kein dem NS-Regime naher Text mit dabei war. 

Was mich schlicht und einfach stört, ist, dass durch dieses Zentralisieren nicht mehr auf die jeweiligen Schwächen und Talente von uns Schülern und Schülerinnen eingegangen werden kann. Wie oben erklärt, kann man mit Lernen nicht mehr so viel erreichen wie früher.
Außerdem stellt die Zentralmatura auch einen Eingriff in den täglichen Schulunterricht dar. Die Lehrkräfte müssen uns beibringen, was vom Ministerium vorgeschrieben wird. Für individuelle Unterrichtsgestaltung ist da kein Platz. 

Ich bin auf jeden Fall gespannt auf das österreichweite Ergebnis. Natürlich kann man noch nichts prognostizieren. Die Zentralmatura-Memes, die überall im Netz kursieren, zeigen sich soweit ziemlich sarkastisch. Aber seien wir ehrlich - die sind auch das Beste an dem ganzen Theater. 

UPDATE:
Die gute Nachricht zwei Wochen nach dem Verfassen dieses wütenden Textes ist: Ich habe Mathe tatsächlich gerade so bestanden.
Die schlechte Nachricht: Sechs andere aus meiner Klasse hatten nicht so viel Glück. Zum Vergleich: Letztes Jahr sind an meiner Schule INSGESAMT bloß zwei Leute in Mathe durchgefallen...

Die österreichweiten Ergebnisse sind noch nicht bekannt. So schlecht, wie zuvor befürchtet wurde, scheint die Matura aber doch nicht ausgefallen zu sein. An einem Gymnasium sollen zwar beispielsweise 40 von 71 Maturanten negativ sein, aber bundesweit seien auch sehr gute Ergebnisse vorhanden.

Trotzdem wird weiterhin Kritik geübt. So ganz ausgereift ist das ganze Konzept eben noch nicht. Und überhaupt - auch wenn gute Ergebnisse erzielt wurden....dass vor allem die Matura in Mathematik um einiges schwerer war als letztes Jahr, darf nicht passieren. Außerdem unterscheiden sich die vorhandenen Übungsbeispiele stark von den Aufgaben, die bei der Matura zu lösen waren.
Ist etwas zentralisiert, hat zu das bedeuten, dass es für ALLE gleich ist. Dies ist nicht der Fall, wenn der Schwierigkeitsgrad von einem Jahr auf das andere derart angehoben wird, die zur Verfügung gestellten Übungen nicht dem Niveau der tatsächlichen Matura entsprechen und die erlaubten (technischen) Hilfsmittel nicht überall gleich sind

0 Kommentare :