Gedanken, so trocken wie mein Kaktus

Text und Bild von Svenja

Wieder einmal versuche ich den penetrant, konstanten Gedankenstrom, der mittlerweile einen heftigen Schauer durch meinen Körper sendet, wegzudrängen, zu vernachlässigen, in der Hoffnung er wird eingehen, wie der Kaktus auf meinem Fensterbrett, der schon seit Weihnachten 2012 kein Wasser mehr gesehen hat.
Gedanken die mir sagen, mir eintrichtern, wie ich zu fühlen habe und nicht nur im metaphorischen Sinne ein Schloss vor meine Tür nageln. Gefangen im Netz meiner Ängste, festgehalten, eingefroren, durch die drängenden Fäuste und feuchten Hände erwartungsvoller Anderer.
Ich kann gar nicht genau sagen wie ich hierher gekommen bin, wie ich mich so verheddern konnte in einem Netz, einem Geflecht, so klebrig und nicht loslassend wie diesem.
Der Gedanke an Schule, an mein Abitur aber auch der Gedanke allein in die Stadt zu fahren, an einem Ort zu sein, der es mir nicht erlaubt oder möglich macht augenblickliche Flucht zu ergreifen;
konstant, penetrant anwesend.

„Does the body rule the mind or does the mind rule the body?“

Der Gedanke an Flucht verbreitet sich immer weiter im Gerüst meines Ichs. Alles zurücklassen, alle Fesseln lösen, das rechte Bein nach vorn, das Linke hinterher, schneller, SCHNELLER, immer weiter nach vorn, weiter weg, wohin? Ich falle, bevor ich überhaupt mein rechtes Bein heben kann und liege da, bekomme Angst und fühle ein taubes Gefühl in meinem Körper. Ich komme hier nicht weg. Vor wem oder was auch immer ich vermag zu fliehen, es wird nicht klappen, ich werde fallen und dabei immer weniger Kraft finden aufzustehen.

„Does the body rule the mind or does the mind rule the body?“

Egal wohin ich gehe, egal was ich gerne tun würde, die selbst installierten Schranken, das Schloss vor meiner Tür halten mich auf und drängen mich zurück. Es ist völlig egal was ich tue, woran ich denke, sie ist immer da, hinterhältig darauf wartend im richtig falschem Moment anzugreifen; Angst. Die Schranken vor meiner Tür, werden immer mehr zu Schranken in meinem Kopf. Ich weiß, derjenige vor dem ich fliehe bin ich selbst, mein physikalisch, biologisch, chemisch gesteuertes Gerüst eines Körpers. All mein eskapistisches Verlangen zu rennen, wegzulaufen und alles hinter mir zu lassen scheint sinnlos und ziellos zu sein. Ich kann nicht fliehen, sondern muss mich ihr stellen. Ich muss lernen aufzustehen und dabei akzeptieren nun ein schweres, klebriges Netz auf meinem Rücken zu tragen, lernen es irgendwann abzustreifen und es hinter mir zu lassen.
Mit dem Bewusstsein, stark und mächtig genug zu sein, sich den Schranken zu widersetzen und den Schlüssel zu einem satubig, rostigem Schloss zu finden, es zu öffnen, sodass mein linkes Bein dem Rechten wieder folgen kann...

I can make myself invisible or small.
I can become gigantic & reach the
farthest things.
[…]
In my deepest inner mind
[…]

I can

I am

-Jim Morrison

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